Drehmaschine: Erweiterungen 04c
Kugeldrehvorrichtung

Das ist natürlich auch wieder eine der Vorrichtungen, die man nur braucht weil man die dazu notwendigen Werkzeugmaschinen hat...

Und man kann damit ein Teil herstellen, das man bei der Kugeldrehvorrichtung verwenden kann...

Aber nun ernsthaft.
Mit dieser Vorrichtung kann man mehr oder weniger vollständige Kugeln oder zumindest rotationssymmetrische kugeloide Teile herstellen.

Ich habe schon mehrere dieser Vorrichtungen gesehen und dabei gemerkt, dass es ganz unterschiedliche Ansätze zur Realisierung des Problems gibt, den Drehstahl einen Kreisbogen ausführen zu lassen.
Allen geminsam ist, dass sich der Drehstahl um eine Achse schwenken lässt, die sich mit der Spindelachse im rechten Winkel schneidet.

Letztlich lassen sie sich aber alle Konstruktionen auf drei Grundtypen zurückführen:

1. Vertikale Schwenkachse mit einseitiger Lagerung
2. Horizontale Schwenkachse mit zweiseitiger Lagerung
3. Horizontale Schwenkachse mit einseitiger Lagerung

Ob es noch andere Lösungen gibt habe ich gar nicht mehr untersucht, mir reichten schon diese drei Lösungen.

Die ursprünglich auskonstruierte Lösung nach 1. habe ich als zu kompliziert aufgegeben, die Lösung nach 2. habe ich schon im Entwurfsstadium aufgegeben, also blieb nur noch 3.

Die habe ich natürlich nicht erfunden, wie eigentlich fast immer gabs auch dafür Vorgänger-Konstruktionen. Daran habe ich mich zwar orientiert, aber im Detail dann wieder davon gelöst:
Wichtig war mir, dass ich die Vorrichtung an Stelle eines Drehstahls in einem Einsatz des Schnellwechseldrehstahlhalters haltern kann, weil damit die Höhenverstellung gegeben ist und ich den Schnellwechseldrehstahlhalter weder abbauen noch einen separaten Halter anfertigen muss.
Und es sollte einfach zu bauen sein. Deshalb wurde es auch kein filigranes Feinwerk-, sondern eher ein einfaches Landmaschinenbauteil.

Der Grundkörper ist im Drehstahleinsatz des Schnellwechseldrehstahlhalters gespannt.


Konfigurationen für verschiedene Kugeldurchmesser

Konfiguration 1:
Max. Kugeldurchmesser.
Konfiguration 2:
Mittlerer Kugeldurchmesser.
Konfiguration 3:
Min. Kugeldurchmesser.


In der Konfiguration 1 für den maximalen Kugeldurchmesser ist


In der Konfiguration 2 für den mittleren Kugeldurchmesser kann


In der Konfiguration 3 für den minimalen Kugeldurchmesser ist


Wie es wurde was es ist

#1 Grundkörper 20x20x90, Bohrung d12

Nach dem Sägen und Fräsen spannte ich das Teil im Vierbackenfutter der Drehmaschine ein, richtete es mit der Messuhr zentrisch aus, plante die Stirnseite, zentrierte die Bohrung, bohrte es auf und rieb die Bohrung.


#2 Welle d12

Für die Welle nahm ich ein 12er Rundmatrerial, sägte es ab, plante und zentrierte die Stirnseite, setzte das Teil ab, faste die Stirnseite an und schnitt ein M8-Aussengewinde.
Zwischen den beiden Lagerflächen setzte ich das Material auf d11 zurück.
Ich stach das Teil ab, plante die abgestochene Stirnseite, faste die Stirnseite und schnitt ein M6-Innengewinde.


#3 Scheibe d19x8x4

Für die Scheibe verwendete ich ein 20er Rundmaterial, überdrehte es auf d19, plante und zentrierte die Stirnseite, bohrte, faste die Kanten und stach sie ab.
Für diesen Durchmesser war mein Positop zu gross, so dass ich die Scheibe nicht spannen konnte. Statt die Rückseite zu überdrehen schliff ich sie nur.


#4 Scheibe 60x50x16

Ursprünglich hatte ich die Scheibe als Drehteil gedacht. Für das Spannen beim Fräsen hatte ich aber ebene Anfräsungen am Umfang vorgesehen und bin schliesslich konsequenterweise auf eine rechteckige Scheibe übergegangen.
Sie hat neben dem leichteren Spannen zusätzlich den Vorteil einer längeren Führungsnut.
Damit sie nun zumindet ein wenig "rund" aussieht überdrehte ich die Kanten.

Nachträglich setzte ich die Bohrung der Spannschraube tiefer, damit ich die Kanten stärker überdrehen konnte.


#5 Anschlag d12x26

Dieser Anschlag nimmt das Gewinde zur Bearbeitungs-Zustellung auf und dient als unterer Anschlag.


#6 Drehstahlhalter 69x25x14

Mit ihm wird der Drehstahl geklemmt und zur Zustellung nach unten bewegt.


#7 Handgriff

Für den Handgriff fand ich ein Stück Flachmaterial, das ich ohne weitere Bearbeitung (ausser etwas Biegen) verwenden konnte.


Nachdem nun alle Teile gefertigt waren brünierte ich sie und baute sie probeweise zusammen.

Ich bearbeitete sie teilweise nach (am Grundkörper (#1) drehte ich einen schlanken Konus an (bei dem sich herausstellte, dass er wohl gar nicht so lang hätte sein müssen), an der Scheibe (#4) setzte ich die Spannschraube nach, überdrehte die Kanten und fräste die Nut nach) und montierte dann alle Teile.


Montage 1

1. Der Anschlag (#5) wurde in die Scheibe (#4) gesteckt und mit einer Madenschraube M6x10 fixiert.
2. Die Welle (#2) wird in die Scheibe (#4) gesteckt und mit einer Schraube M8x40 geklemmt.
3. Der Grundkörper (#1) wird auf die Welle (#2) geschoben und mit der Scheibe (#3) und zwei Muttern M8 auf minimales Spiel eingestellt und fixiert.
4. Der Handgriff (#7) wird auf der Welle (#2) mit einer weiteren Mutter M8 befestigt.


Montage 2

Der Drehstahlhalter (#6) wurde mit der Zustellschraube (M6x50) in den Anschlag (#5) geschraubt und in der Nut mit der Feststellschraube M6x12 fixiert.

Der gebrochene Gewindebohrer (der den noch nicht vorhandenen Drehstahl simuliert) wird mit der Schraube M6x20 geklemmt.


Fazit und Kritik

Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, die Scheibe (#4) zu spiegeln, damit man an die Feststellschraube von der rechten Seite herankommt - jetzt ist da der Ansch•lagbolzen (#5) im Weg.

Die Aussparung in der Scheibe (#4) war geplant, damit der Drehstahl hinten überstehen kann. Aber es ist gar nicht sicher, ob das in der Praxis zum Tragen kommt, weil er wahrscheinlich am Einsatz des Schnellwechseldrehstahlhalters anstösst.
Deshalb hätte der Konus auch gar nicht bis zum Ende gedreht werden müssen, ein Absatz hätte wohl auch gereicht.

Dass die Spannschraube die Scheibe (#4) so stark verformen würde hatte ich nicht gedacht. Es wäre deshalb besser gewesen, die Aufspannung und die Nut für den Drehstahlhalter konstruktiv zu trennen.

Dass die Muttern zum Klemmen des Handgriffs in Kontakt kommt mit den beiden Muttern zur Spieleinstellung gefiel mir von Anfang nicht.
Deshalb habe ich den Grundkörper um 2 mm gekürzt und die Mutter-Kontermutter-Kombination durch eine selbstsichernde Mutter ersetzt.
So reichte nun die Gewindelänge aus um den Handgriff mit einer Mutter und einer Hutmutter festzusetzen, ohne dass es einen Kontakt zur selbstsichernden Mutter kommt.
Ob die selbstsichernde Mutter zur Spieleinstellung reicht oder ob sie sich lockert muss abgewartet werden. Ebenso ob die Befestigung des Handgriffs mit zwei Muttern ausreicht. Allerdings erwarte ich, dass man beim Drehen eher vorsichtig zustellen wird, so dass keine grossen Drehmomente am Handgriff auftreten werden.

Nachdem ich von Uli einige abgebrochene 6er-Fräser bekam konnte ich einen davon als Drehstahl zurechtschleifen und erste Drehversuche starten.

Dabei zeigten sich schon gleich die ersten Probleme:
- Ich fand erst kein passendes Material zum Drehen ;-)
- Bedingt durch lange Führung in der Nut ist die Kugeldrehvorrichtung ziemlich hoch. Und damit breit, wenn sie um 90° waagerecht geschwenkt wird. Sie braucht also ziemlich Platz und so kann man nicht dicht am Futter arbeiten (also wäre eine kreisförmige bzw. quadratische Grundform besser gewesen).
- Der Drehstahl muss nochmal nachgeschliffen werden, weil die letzten Reste der Wendel die Geometrie stören.

Kleine Kugel (ca. d12) aus Corian. Grosse "Kugel" aus Aluminium (schärfer gings grad nicht).

"Kugel" deshalb, weil ich hier bewusst den Drehstahleinsatz absenkte, so dass die Schwenkachse unter der Spindelachse liegt: Damit ist der Schwenkradius grösser als der Drehradius. Damit entsteht keine Kugel, sondern ein rotationssymmetrischer Körper, dessen Mantellinien einem Kreisbogen entspricht (ich habe keine Ahnung, ob es für diesen geometrischen Körper, der kein Ellipsoid aber spindelförmig ist, eine eigene Bezeichnung gibt).

"Kugel": Hier wurde die Schwenkachse so tief wie möglich unter die Spindelachse gelegt um eine langstreckte "Kugel" zu drehen
(die beiden "Kugelflächen" links und rechts wurden mit der selben Einstellung gedreht).


Warnung:
Ich bemühe mich zwar, sorgfältig zu arbeiten, aber ich muss Sie darauf hinweisen, dass Sie meine Hilfsmittel auf Ihr eigenes Risiko nachbauen!


wm-d04c.htm